Jugenheim, © Verbandsgemeinde Nieder-Olm© Verbandsgemeinde Nieder-Olm

Überall sieht man ein Stück Kirche

Jugenheim

Manche Dinge halten sich ewig. Oder zumindest lang. Sehr lang. In Jugenheim etwa. Da erzählt man sich seit fast 200 Jahren eine Geschichte, die sich bis heute auch in einem Straßennamen widerspiegelt. Offiziell ist die Bezeichnung zwar nicht. Aber dennoch weiß in dem Weindorf jeder was gemeint ist, wenn man davon spricht: Es Hambach!

Gemeint ist damit das obere Drittel der Hauptstraße in Richtung Ober-Hilbersheim. Die Gegend dort wurde um 1830 bebaut – mit kleinen einstöckigen Tagelöhnerhäuschen aus Lehmstein, in denen der Legende nach Anhänger der Freiheitsbewegung gewohnt haben. Einige davon haben sich demnach aufgemacht zum Hambacher Fest 1832: „Es heißt aber, dass sie in Ingelheim in einer Kneipe hängen geblieben sind“, erzählt Udo Roth. Die Siedlung hatte damit ihren Spitznamen weg.

Heute stehen dort statt der Lehmhütten richtige Häuser. Und heute hat sich rund ums Hambach auch noch viel mehr Jugenheim entwickelt, als es 1832 schon gab. Udo Roth hat hier einen seiner Lieblingsplätze ausgemacht – die Gaststätte Zum grünen Baum - für ihn ein wichtiger Anlaufpunkt für die Neubürger aus den Baugebieten, die die Gemeinde mittlerweile auf mehr als 1700 Einwohner anwachsen ließen. Denn wer das Dorf und seine Jugenheimer kennenlernen will, der muss in den grünen Baum, findet Roth und weiß wovon er spricht: Vor 25 Jahren, als er mit seiner Frau zugezogen ist, da hat er es ebenfalls so gemacht. Die ersten Bekanntschaften im Ort schlossen die Roths hier, wo das System Dorfkneipe noch funktioniert.

IM RATHAUSHOF WIRD GEFEIERT

Ums Eck von Hambach und Grüner Baum steht das Rathaus, das früher einmal Schulgebäude war. Heute gehen die Jugenheimer Kinder nach Stadecken-Elsheim in die Grundschule. Im Rathaushof wird dagegen gerne gefeiert, die Feuerwehr hat hier ihren Platz und in direkter Nachbarschaft steht die Turn- und Festhalle. Alles in allem, sagt Roth, „schlägt hier das Herz von Jugenheim“. Gesellschaftlich. Politisch. Und aus Sicht der Familien und Vereine, denn im Rathaus ist auch Platz für einen Kindergarten, die VHS-Kurse und einiges andere aus dem Vereinsleben der Kommune. Und für einen Rundgang durch das Weindorf mit seinen immer noch prägenden Winzerhöfen, bietet sich das Rathaus als Startpunkt mitten rein ins historische Jugenheim ebenfalls an. 

„Egal wo man lang läuft, man sieht von überall aus ein Stückchen der Kirche“, freut sich Udo Roth. Die Martinskirche, die ein wenig über der in einem Seitental des Selztales gelegenen Gemeinde steht, wurde zwischen 1769 und 1775 anstelle einer gotischen Vorgängerkirche erbaut. Das barocke Gesamtkunstwerk ist durchaus einen Blick wert. Oder auch zwei. Historische Wandmalereien im alten Turm aus dem Jahre 1420, die restaurierte Wegmannorgel von 1762, eine tolle Akustik begeistern den Betrachter. Und den Zuhörer: „Hier finden immer wieder besondere Konzerte statt. Und es wurden hier auch schon Plattenaufnahmen gemacht“, sagt Udo Roth. Ein anderes historisch bedeutsames Gebäude gibt es nicht mehr: Der Amtshof in der Hauptstraße, die früher Vordergasse hieß, wurde im Modernitätsrausch der Nachkriegszeit abgerissen um Platz für einen Parkplatz und einen evangelischen Kindergarten zu schaffen. Speziell für die jungen Jugenheimer gut. Historisch gesehen aber das Gegenteil, denn das Gebäude war sichtbares Zeichen der kurzen Zeit, als Jugenheim Hauptstadt des Herzogtums Nassau-Saarbrücken war: Im März 1794 waren die Franzosen mit ihrer Revolution in Saarbrücken einmarschiert. Der Fürst starb und Sohn Heinrich, der zu dieser Zeit im Jugenheimer Amtshaus zu Gast war, wurde zum Nachfolger. Er blieb bis in den Herbst, dann kamen die Franzosen auch ins Selztal und vorbei war es mit der Jugenheimer Hauptstadtherrlichkeit. Heute steht nur noch das Wohnhaus des herrschaftlichen Anwesens. Es befindet sich in Privatbesitz.

FACHWERK UND INTERNATIONALES GEWERBE

Schmucke Fachwerkhäuser, wertvolle Türen und so manches Bau-Detail finden sich im alten Ortskern, in der Hintergasse, im Edelsberg, der Bahnhofstraße und der Hauptstraße – zur Freude von Roth: „Ich habe an den alten Häusern großen Spaß.“ Er kennt sie alle, die liebevoll restaurierten ebenso wie die historische Bausubstanz die noch darauf wartet, eine strahlende Zukunft erleben zu dürfen. Das heißt aber nicht, dass Jugenheim ein in Ehrfurcht erstarrtes Schlafdorf ist. Im Gegenteil. In einem kleinen Gewerbegebiet am Ortsrand finden sich zum Beispiel einige bemerkenswerte Betriebe – von der IT-Firma über einen Caterer, einen Malerbetrieb, eine Spedition, ein internationaler Vertrieb von Hängematten Jugenheimer, im Heimatort einen Arbeitsplatz zu finden – von den Segnungen der Gewerbesteuer ganz zu schweigen. Viele dieser Betriebe engagieren sich auch im dörflichen Leben, das in Jugenheim noch intakt ist. So gibt es auf Initiative der Gemeinde mit dem Integrationsbetrieb CAP-Markt einen kleinen Lebensmittelmarkt im Ort, der zum Beispiel auch Mittagstisch anbietet. 

Wer von den älteren Mitbürgern lieber Essen auf Rädern zu Hause haben möchte, für den sorgt das Helferich-Haus, eigentlich ein Wohnheim für Menschen mit Handicap, das sich aber ebenfalls ins Dorfleben einbringt. Schon lange. Vor mehr als 100 Jahren ist das Haus als „Rettungshaus für verwahrloste Jugendliche“ entstanden, das erste Gebäude auf dem Edelsberg steht noch und ist heute in Privatbesitz. „Die Bindungen vom Helferich-Haus ins Ort sind sehr eng“, sagt Udo Roth. Es gibt einen gemeinsamen Weihnachtsmarkt, gegenseitige Besuche bei den Festen, „und einige der Bewohner spazieren auch immer wieder durchs Dorf, halten hie und da ein Schwätzchen – man kennt sich halt“, sagt Udo Roth, der noch einen weiteren großen Vorteil für Jugenheim sieht: die Natur. „Man kann hier wunderbar wandern in den Wingerten und Feldern rund ums Dorf.“ Neben den Winzern und Landwirten ist hier auch der NABU sehr aktiv, der die Natur schützt in der Gemarkung. Speziell die Biotope am Bleichkopf und an der Saubach werden regelmäßig gepflegt.  

 

 

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